Bei den gemäß § 33b Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche werden unter dem Begriff der so genannten Grundpflege zusammengefasst (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 3 SGB XI; § 37 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)). Hinzu kommen jene Verrichtungen, die in den Bereichen der notwendigen körperlichen Bewegung, psychischen Erholung, geistigen Anregung und der Kommunikation (insbesondere Sehen, Hören, Sprechen, Fähigkeit zu Interaktionen) anfallen. Bei psychisch oder geistig Behinderten liegt Hilflosigkeit auch dann vor, wenn sie bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens zwar keiner Handreichungen bedürfen, sie diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornehmen. Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (zu Vorstehendem vgl. z.B. BSG, Urteile vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, vom 24. November 2005 – B 9a SB 1/05 R –, und vom 2. Juli 1997 – 9 RV 19/95 – alle bei juris).
Um den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr sind auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung oder die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson, zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 1994 – 3 RK 14/94 –, vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, und vom 24. November 2005 – B 9 SB 1/05 R –; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Februar 2010 – L 15 SB 124/07– alle bei juris).
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung des Merkzeichens „H“ (Hilflosigkeit).
Zugunsten der 1991 geborenen Klägerin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 28. Februar 2006 einen Grad der Behinderung (GdB) von insgesamt 80 wegen einer allgemeinen Entwicklungsverzögerung im Kindesalter, einer kognitiven Teilleistungsschwäche und einer Lernbehinderung (Einzel-GdB 80) sowie wegen muskulärer Verspannungen – Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule – (Einzel-GdB 10) fest. Ferner stellte er das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen „B“ (Notwendigkeit ständiger Begleitung), „G“ (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und „H“ fest. In der Begründung des Bescheides kündigte er für Februar 2008 eine Nachprüfung der Feststellungen zur Entwicklungsverzögerung sowie zu den Voraussetzungen der Merkzeichen an.
Im Zuge des Nachprüfungsverfahrens teilte der Beklagte mit Schreiben vom 26. November 2008 mit, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen, die für die Feststellungen im Bescheid vom 28. Februar 2006 maßgeblich gewesen seien, keine wesentliche Änderungen eingetreten seien und es bei den Feststellungen aus dem Bescheid vom 28. Februar 2006 verbleibe. Er befristete die Gültigkeit des der Klägerin ausgestellten Ausweises bis September 2009.
Im Auftrag des Amtsgerichts N erstellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H am 11. Dezember 2008 nach persönlicher Untersuchung der Klägerin ein Betreuungsgutachten. Darin stellte er bei der Klägerin eine dauerhafte geistige Behinderung aufgrund einer angeborenen Intelligenzminderung im Grad einer Debilität fest. Er schlussfolgerte, dass die Klägerin infolge der geistigen Behinderung ihre Angelegenheiten nicht eigenständig besorgen könne, zu einer selbständigen Lebensführung nicht in der Lage und daher geschäftsunfähig sei. Er empfahl die Betreuung in den Bereichen Sorge für die Gesundheit, Vertretung vor Ämtern, Behörden, Leistungsträgern und Gerichten sowie für die Vermögenssorge. Mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 24. Februar 2009 wurde die Mutter der Klägerin zur Betreuerin für die vom Gutachter empfohlenen Bereiche bestellt. Auch der Vater wurde zum Betreuer der Klägerin bestellt. Für die Gewährung von Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) wurde bei der Klägerin ein Pflegebedarf der Pflegestufe I anerkannt.
Der Beklagte leitete im April 2009 ein Nachprüfungsverfahren von Amts wegen ein und holte im August 2009 eine versorgungsmedizinische Stellungnahme ein. Der Versorgungsarzt Dr. S kam zu der Einschätzung, die Klägerin sei mit Erreichen des 18. Lebensjahres soweit gefördert, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ nicht mehr gegeben seien. Eine Verhaltensstörung liege nicht vor, es bestehe ein GdB von insgesamt 70 (geistige Behinderung mit Einzel-GdB von 70, Wirbelsäule mit Einzel-GdB von 10). Daraufhin hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 31. August 2009 zu der Absicht an, den GdB auf insgesamt 70 abzusenken und das Merkzeichen „H“ abzuerkennen. Dem trat die Klägerin mit Schreiben ihrer Mutter vom 18. Oktober 2009 entgegen.
Mit Neufeststellungsbescheid vom 9. November 2009, welcher am Folgetag versandt wurde, stellte der Beklagte mit Wirkung zum 21. April 2009 einen GdB der Klägerin von insgesamt 70 sowie die Voraussetzungen für die Merkzeichen „B“ und „G“ fest. Er stellte ferner fest, dass mit Wirkung zum 21. April 2009 die Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ nicht mehr vorlägen, und hob den Bescheid vom 28. Februar 2006 insoweit gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) auf.
Hiergegen erhob die Klägerin durch ihre Mutter und Betreuerin Widerspruch und vertrat die Ansicht, das Merkzeichen „H“ weiterhin beanspruchen zu können. Mit Bescheid vom 22. Dezember 2009 berichtigte der Beklagte den Neufeststellungsbescheid vom 9. November 2009 dahingehend, dass dessen Wirksamkeit erst am 9. November 2009 eintrete. Ferner holte er eine Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. F ein. Diese führte aus, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ nach den medizinischen „Mindestvoraussetzungen“ nicht mehr gegeben seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2010, welcher am 4. März 2010 versandt wurde, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die medizinische Sachverhaltsaufklärung im Feststellungsverfahren ausreichend und umfassend gewesen sei. Neben den versorgungsärztlichen Stellungnahmen sei das Betreuungsgutachten des Amtsgerichts N berücksichtigt worden. Der Bescheid vom 28. Februar 2006 sei wegen einer Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB X aufzuheben, da im gesundheitlichen Zustand der Klägerin im Vergleich zu den Verhältnisses bei Erlass des Bescheides nachträglich eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Während im Ausgangsbescheid die allgemeinen Entwicklungsverzögerungen im Kindesalter und das jugendliche Alter der Klägerin maßgeblich gewesen seien, habe die Klägerin nun das 18. Lebensjahr erreicht und sei soweit gefördert, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichen „H“ nicht mehr erfüllt seien. Ferner begründete der Beklagte die Maßstäbe und Schlussfolgerungen für die Feststellung eines GdB von insgesamt 70.
Am 30. März 2010 hat die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter und Betreuerin, Klage vor dem Sozialgericht Potsdam erhoben und die Anerkennung eines GdB von mindestens 80 sowie die unbefristete Erteilung des Merkzeichens „H“ begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie bedürfe zur Sicherung der persönlichen Systems im Tagesablauf dauernd fremder Hilfe. Sie müsse regelmäßig um 5:30 Uhr geweckt werden und kleide sich dann an. Sie sei jedoch nicht in der Lage, die richtige Kleidung für sich selbst herauszusuchen. Diese müsse die Mutter zurechtlegen. Sie vermöge auch nicht zu erkennen, welche Kleidung für welche Witterung zu tragen sei. Das Frühstück müsse zubereitet werden, Körperpflege, Haarekämmen und Zahnpflege bedürften der Unterstützung durch die Mutter. Ein Fahrdienst hole sie regelmäßig um 6:15 Uhr ab, um sie zur Werkstatt für behinderte Menschen zu bringen. Außerhalb der Wohnsiedlung bewege sie sich nie ohne eines ihrer Elternteile, da sie ansonsten überfordert wäre. Andere Verkehrsteilnehmer könne sie nicht einschätzen. Ferner könne sie weder lesen noch schreiben. Zur Nachtruhe werde sie wieder bei der Körperpflege begleitet. Sie sei nicht orientiert, könne keine Alternativen entwickeln und könne auch in Zukunft keinen eigenen Haushalt führen. Sie habe zudem kein gesundes Misstrauen gegenüber Fremden. Ihr Zustand habe sich nicht mit Erreichen der Volljährigkeit verbessert. Das Betreuungsgutachten des Amtsgerichts erfasse die sozialmedizinischen Gesichtspunkte nicht vollständig und könne daher nicht allein Grundlage der Feststellungen des Beklagten sein.
Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beklagte den Schwerbehindertenausweis der Klägerin verlängert.
Die Klägerin hat Entwicklungsberichte der Logopädin A vom 26. Oktober 1994, der Kinderärztin Dr. R vom 15. November 1994, der Frühförderin L vom 11. Mai 1998 und des M-Zentrums für Sozialmedizin, Geriatrie und Altenhilfe vom 26. Mai 1998 sowie den Rehabilitationsbericht der WfBM F vom 19. Dezember 2009 / 10. Juli 2010 zu den Akten gereicht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 7. Juli 2011 hat der Beklage den Neufestsetzungsbescheid vom 9. November 2009 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 22. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2010 aufgehoben, soweit eine Herabsetzung des GdB von 80 auf 70 erfolgte. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Mit Ausführungsbescheid vom 15. August 2011 hat der Beklagte das Teilanerkenntnis umgesetzt und die angegriffenen Bescheide entsprechend geändert.
Die im Übrigen gegen die Entziehung des Merkzeichens „H“ gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 7. Juli 2011 abgewiesen, den Beklagten jedoch verpflichtet, 30 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beklagte den Bescheid vom 28. Februar 2006 in Bezug auf die Gewährung des Nachteilsausgleichsmerkmals „H“ zu Recht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X aufgehoben habe. Die Klägerin sei zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2010) nicht mehr im Sinne der gesetzlichen Regelungen hilflos gewesen. Aus den Berichten über die Rehabilitationsplanung ergebe sich, dass die Klägerin Hygiene, Nahrungsaufnahme und Toilettengang sachgemäß durchführe und sich in gewohntem Umfeld selbstständig und sicher orientieren könne. Die von der Mutter geleistete Unterstützung stehe einer teilweisen oder vollen Übernahme einer Pflegetätigkeit durch die Eltern nicht gleich. Die gesetzliche Vermutung, wonach bei geistiger Behinderung in der Regel lediglich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Hilflosigkeit angenommen werden könne, sehe das Gericht bestätigt. Es sei unerheblich, dass die Klägerin auch perspektivisch keinen Haushalt führen könne, da es bei Prüfung des Merkzeichens „H“ auf einen Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht ankomme.
Gegen das der Klägerin am 11. August 2011 zugestellte Urteil hat diese am 7. September 2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass das Sozialgericht den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt habe. Sie bedürfe der Anleitung und Überwachung bei zahlreichen alltäglichen Verrichtungen, bei denen eine Hilfebereitschaft dauerhaft gegeben sein müsse. Der morgendliche Pflegebedarf summiere sich auf 100 Minuten, der abendliche auf 75 Minuten. Zusammen mit der monatlich erforderlichen Hilfe ergebe sich ein durchschnittlicher täglicher Pflegebedarf von 248 Minuten.
Auf den Hinweis des Senats, dass der Bescheid vom 9. November 2009 wohl erst am 13. November 2009 bekannt gegeben worden sei, hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Mai 2012 den Bescheid vom 9. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben, soweit das Merkzeichen „H“ vor dem 13. November 2009 entzogen wurde.
Im Übrigen ist der Beklagte der Berufung mit der Auffassung entgegengetreten, dass die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses im Jahr 2006 vorliegenden Voraussetzungen des Merkzeichens „H“ nachträglich entfallen seien, so dass die Feststellungsentscheidung nach § 48 SGB X aufzuheben gewesen sei.
Der Senat hat ein Gutachten bei dem Arzt für Psychiatrie Prof. Dr. Z eingeholt. Nach ambulanter Untersuchung am 26. November 2014 hat der Sachverständige das Gutachten am 18. Januar 2015 erstellt und ist zu folgenden Einschätzungen gelangt:
Bei der Klägerin bestünden als Normabweichungen eine leichte bis mittelschwere Intelligenzminderung bei globaler Entwicklungsstörung, eine leichte Dysdiadochokinese und Dysmetrie linksbetont (Störung der Fein- und Grobmotorik), anamnestisch ein Karpaltunnelsyndrom links, Rücken- und Kopfschmerzen sowie ebenfalls anamnestisch ein sexueller Übergriff durch einen Mitschüler im Alter von 18 Jahren. Darüber hinaus liege eine leichte Verhaltensstörung vor. Diese sei durch emotionale Labilität, eine Angstsymptomatik und gelegentliche Affektdurchbrüche geprägt.
Zum Hilfebedarf hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei der Klägerin eine aktivierende Pflege durch die Eltern und die psychosoziale Begleitung in der Werkstatt für behinderte Menschen stattfinde. Die Pflege fordere, fördere und beziehe die vorhandenen Restfunktionen und verbliebenen Fähigkeiten der Klägerin ein. Die Klägerin könne sich prinzipiell allein waschen, benötige aber regelmäßig Motivation, Anstöße und Erledigungskontrolle, wofür ein Hilfebedarf von täglich 3 Minuten anfalle. Für das Duschen und Baden benötige sie eine teilweise Übernahme der Handlungen und Impulse, was einem Zeitbedarf von täglich 3 Minuten entspreche. Die Zahnpflege führe die Klägern allein durch, benötige jedoch Impulse und Erledigungskontrolle, wofür Hilfe von täglich 2 Minuten erforderlich sei. Kämmen könne sich die Klägerin allein, auch beim Toilettengang benötige sie keine Hilfe. Eine mundgerechte Zubereitung der Nahrung und Hilfe bei der Nahrungsaufnahme seien nicht erforderlich. Die Klägerin könne sich allein an- und auskleiden, nötig sei jedoch die Bereitstellung einer der Witterung entsprechenden und sauberen Kleidung. Hierfür benötige die Klägerin Anleitung und Impulse, wofür täglich 2 Minuten aufgewendet werden müssten. Für das Auskleiden sei ein kurzer Impuls nötig, was einem Zeitbedarf von 1 Minute täglich entspreche. Insgesamt belaufe sich der Hilfebedarf für Impulsgabe und Erledigungskontrollen für Körperpflege, Ernährung, An- und Auskleiden auf täglich 11 Minuten. Für das Aufstehen und Zubettgehen benötige die Klägerin kurze Impulse morgens und abends, was einen Hilfebedarf von weiteren 2 Minuten täglich verursache. Hilfe beim Umlagern, Gehen, Stehen und Treppensteigen sei nicht erforderlich.
Die Klägerin benötige eine Begleitung bei fast allen Wegen außerhalb der Wohnung, also auch zu ärztlichen und ärztlich verordneten Behandlungen und Untersuchungen. Während einer Untersuchung und Behandlung müsse eine Pflegekraft anwesend sein, außerdem sei eine Begleitung zu allen Alltagswegen notwendig. Nach den Kriterien des SGB XI bestehe dafür jedoch kein zu berechnender Zeitbedarf, da nicht regelmäßig mindestens wöchentlich Wege zu Untersuchungen anfielen. Im Übrigen gelte, dass die Klägerin praktisch zu allen außerhäuslichen Aktivitäten, welche außerhalb des direkten Wohnumfeldes stattfänden, eine Begleitung benötige. Sie müsse durchschnittlich mindestens alle zwei Tage begleitet werden, was einem durchschnittlichen täglichen Aufwand von 22,85 Minuten entspreche. Für die geistige Anregung und Kommunikation bestehe ein deutlicher täglicher Hilfebedarf. Für die konkrete Unterstützung in der Tagesstrukturierung und der Kommunikation mit anderen Menschen seien täglich weitere 30 Minuten zu veranschlagen.
Zwar sei die Klägerin aufgrund ihrer Behinderung nicht in der Lage, ihren Alltag alleinverantwortlich zu gestalten und wäre ohne die umfassende Unterstützung durch die Eltern allein nicht überlebensfähig. Eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung sei im Falle der Klägerin jedoch nicht erforderlich. Situationen akuter Lebensgefahr seien in der Vergangenheit nicht vorgekommen.
In der Gesamtschau hat der Gutachter festgestellt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Funktionseinschränkungen seit Jahren vielfältige Hilfe in den alltagspraktischen Tätigkeiten benötige. Körperlich könne die Klägerin fast alle Aktivitäten eigenständig durchführen, die Auswirkungen der Entwicklungsverzögerungen (Antriebsminderung, mangelnde Einsicht, Denkstörung etc.) hinderten sie aber daran, diese Aktivitäten auch regelmäßig und vollständig durchzuführen. Es bestehe daher ein Bedarf im Sinne von Anleitung und Impulsgabe bei nur teilweiser Übernahme der Tätigkeiten im Bereich der Grundpflege durch eine Pflege- bzw. Hilfspersonen. In anderen Bereichen benötige die Klägerin deutlich mehr Hilfen, was eine zeitliche Bindung der helfenden Person bedeute. Hierfür seien Erfahrungs- und Durchschnittswerte angesetzt worden, die in der Gesamtschau realistisch erschienen. Der wirtschaftliche Wert der fremden Hilfe sei nicht als besonders hoch einzuschätzen. Für die Intelligenzminderung sei ein Einzel-GdB von 80 und für die chronischen Rückenschmerzen ein Einzel-GdB von 10 angemessen, so dass der Gesamt-GdB 80 betrage, da sich beide genannten Funktionsstörungen nicht in besonderer Weise negativ verstärkten.
Der Gutachter hat erklärt, dass es keine medizinischen Befunde und Analysen über den Gesundheitszustand der Klägerin gebe, die einen Schluss auf die Besserung oder Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zuließen. Es sei nahe liegend, dass sich keine gravierenden Unterschiede im Gesundheitszustand der Klägerin seit 2006 ergeben hätten. Die Klägerin liege in vielen alltagspraktischen Bereichen auf einem kindlichen Niveau (ca. zehn Jahre). Die Einschränkung der Klägerin sei mit dem Älterwerden relativ gravierender geworden, weil sie sich immer mehr von den Entwicklungsschritten gesunder Altersgenossinnen entferne. Es sei nicht erkennbar, dass sie in maßgeblicher Weise eine höhere Autonomie als im Kindesalter habe erreichen können, der Hilfebedarf sei gleich geblieben.
Die Klägerin hat das vom Beklagten mit Schriftsatz vom 15. Mai 2012 abgegebene Teilanerkenntnis im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Juli 2015 angenommen. Das Gutachten des Prof. Dr. Z hält sie für nicht aussagekräftig, da es auf Angaben der Mutter beruhe, die im Beisein der Klägerin nicht schlecht über ihre Tochter habe sprechen können.
Sie hat wörtlich beantragt,
dass [ihr] das Merkzeichen „H“ ab dem 13. November 2009 erhalten bleibt.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Er ist der Ansicht, dass er mit Bescheid vom 28. Februar 2006 zu Recht das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ festgestellt habe und daher § 48 SGB X Rechtsgrundlage für die Aufhebung des begünstigenden Verwaltungsaktes sei. Mit Erreichen der Volljährigkeit der Klägerin seien die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens „H“ entfallen. Er hat eine ärztliche Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. H vom 12. März 2015 eingereicht, welche die Auffassung des Beklagten bestätigt sieht. Ergänzend trägt er vor, dass die notwendige Begleitung der Klägerin außer Haus bereits mit der Anerkennung des Merkzeichens „B“ abgedeckt sei, so dass die gutachterliche Bewertung zu korrigieren sei und sich nur ein Hilfebedarf von 43 Minuten täglich ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Klägerin, die nach Annahme des im Berufungsverfahren abgegebenen Teilanerkenntnisses nur noch die Entziehung des Merkzeichens „H“ ab dem 13. November 2009 betrifft, ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist im noch streitigen Umfang zutreffend. 1.
Der Antrag der Klägerin ist anhand ihres Berufungsbegehrens auszulegen. Ziel ihrer Berufung ist es, die Entziehung des Merkzeichens „H“ abzuwenden. Diesem Interesse entspricht ein klägerischer Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 7. Juli 2011 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 9. November 2009 in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 22. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2010 in der Fassung der Teilanerkenntnisse vom 7. Juli 2011 und 15. Mai 2012 aufzuheben, soweit damit das Merkzeichen „H“ für die Zeit ab 13. November 2009 entzogen worden ist. 2.
Die der Berufung zugrunde liegende Klage ist zulässig. Richtige Klageart ist in Bezug auf die hier allein streitige Entziehung des Merkzeichens „H“ die reine Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 erste Alternative des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). In Bezug auf die Entziehung des Merkzeichens „H“ erschöpft sich der angegriffene Bescheid in der teilweisen Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung (hier des Bescheides vom 28. Februar 2006) für die Zeit ab dem 13. November 2009. Die Feststellung des Merkzeichens „H“ im Bescheid vom 28. Februar 2006 war nicht befristet. Würde der angefochtene Bescheid insoweit aufgehoben, lebte der ursprüngliche Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2006 wieder auf, soweit mit diesem die Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ festgestellt worden sind. 3.
Die Anfechtungsklage ist nicht begründet. Der oben nähe bezeichnete Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hob der Beklagte die Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ mit Wirkung ab dem 13. November 2009 auf.a.
Der angegriffene Bescheid ist nicht (insgesamt) rechtswidrig, weil er den Feststellungsbescheid vom 28. Februar 2006 zunächst mit Wirkung zum 21. April 2009, sodann in der Fassung des Berichtigungsbescheides mit Wirkung vom 9. November 2009 und erst mit angenommenem Teilanerkenntnis vom 15. Mai 2012 für die Zeit bis zu seiner Bekanntgabe aufgehoben hat. Eine Rechtswidrigkeit für die Zeit vor Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Regelung für die Zeit nach Bekanntgabe (vgl. Urteil des Senats vom 6. November 2014, L 11 SB 178/10 - juris). Hingegen soll nach der Ansicht des 13. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (vgl. Urteile vom 25. Februar 2015, L 13 SB 90/13 und L 13 SB 96/13 – beide bei juris) ein Bescheid, welcher die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen eines Merkzeichens aufhebt, in zeitlicher Hinsicht unteilbar sein, so dass ein Fehler in der Bestimmung des Aufhebungszeitpunktes zur (Gesamt-) Rechtswidrigkeit führen soll. Dem folgt der erkennende Senat nicht.
Für die Teilbarkeit eines Verwaltungsaktes ist der Umfang seiner Regelungswirkung entscheidend. Zwar ist ein Aufhebungsbescheid kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. nur Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 7. Dezember 1983 – 9a RV 26/82 – juris), jedoch hebt er einen solchen auf. Seine Regelungswirkung erhält durch den aufgehobenen Dauerverwaltungsakt eine zeitliche Komponente. Diese definiert auch den Überprüfungsumfang in einer Anfechtungssituation. Vom Gericht und der Behörde ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheides zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Widerspruchsentscheidung zu prüfen, wobei der Zeitraum ab Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung in den Blick zu nehmen ist (dazu sogleich unter b.). Ergäbe sich beispielsweise zwischen Bekanntgabe eines anfänglich rechtmäßigen Aufhebungsbescheides und Erlass des Widerspruchsbescheides eine der Aufhebung entgegenstehende tatsächliche Änderung der Verhältnisse zugunsten des Widerspruchsführers, wäre der (anfänglich rechtmäßige) Bescheid wegen einer zeitlich geänderten Entwicklung aufzuheben. Eine rechtliche Teilbarkeit des Aufhebungsbescheides ergibt sich ferner aus den Ermächtigungsgrundlagen der §§ 45 und 48 SGB X, welche jeweils zwischen einer Aufhebung für die Vergangenheit und Zukunft unterscheiden.
Folgte man der Ansicht des 13. Senates (Urteile vom 25. Februar 2015, a.a.O.), wäre eine Teilaufhebung oder Änderung von Aufhebungsbescheiden weder durch den Beklagten noch durch das Gericht möglich. Der Beklagte könnte Fehler lediglich im Wege der Ersetzung korrigieren und müsste dabei die Ermächtigungsgrundlagen angepasst an neue Bekanntgabezeitpunkte anwenden. Richtigerweise haben die Behörde oder das Gericht lediglich die Regelungswirkung eines Aufhebungsbescheides durch Teilaufhebung zu beschränken, soweit der Aufhebungsbescheid in zeitlicher Hinsicht rechtswidrig ist. Die Teilrechtswidrigkeit bezog sich hier auf den Zeitraum bis zur Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides und wurde mit Teilanerkenntnis vom 15. Juni 2012 beseitigt. Es erschließt sich nicht, warum in einem Höhenstreit eine Teilaufhebung zulässig sein soll, die Beschränkung der Regelungswirkung eines Aufhebungsbescheides, dessen Prüfzeitraum sich nach Tagen bemisst, jedoch nicht.
Die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Bescheides vom 28. Februar 2006 kann schließlich nicht wegen des Nachprüfungsschreibens vom 26. November 2008 dahinstehen. Denn bei diesem Schreiben handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, es fehlt an der für einen Verwaltungsakt notwendigen Regelung. Das Nachprüfungsverfahren wurde mit der Information an die Klägerin abgeschlossen, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Erlass des Ausgangsbescheids zugrunde lagen, eine wesentliche Änderung nicht eingetreten sei. Der Beklagte machte damit deutlich, dass die Nachprüfung keinen Anlass für eine neue Regelung und die Abänderung früherer Feststellungen ergeben habe. b.
Maßgeblicher Prüfungszeitpunkt der Anfechtungsklage ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens, hier also der Zeitpunkt, zu dem der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 3. März 2010 erlassen hat (vgl. nur Urteil des Senats vom 23. Juni 2011 – L 11 SB 374/09 – juris). Allerdings ist nicht auf das Bescheiddatum – hier des Widerspruchsbescheides – abzustellen. Denn „erlassen“ worden im obigen Sinne ist der Widerspruchsbescheid wiederum erst mit seiner Wirksamkeit, die erst mit der Bekanntgabe eintritt. Bekannt gegeben worden ist der Widerspruchsbescheid vom 3. März 2010 nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post. Zur Post aufgegeben worden ist der Widerspruchsbescheid am 4. März 2010, so dass die Bekanntgabe hier am 7. März 2010 eingetreten ist.
Ist demnach hier grundsätzlich der 7. März 2010 maßgeblicher Prüfungszeitpunkt, ist die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides aber nicht auf diesen Zeitpunkt beschränkt. Vielmehr gilt der Grundsatz in Fällen der vorliegenden Art mit der Maßgabe, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Behördenentscheidung auch bereits ab dem Zeitpunkt zu prüfen ist, ab dem sie sich zeitlich Wirksamkeit beimisst. Denn der dargestellte Grundsatz über den maßgeblichen Prüfungszeitpunkt ist im Wesentlichen für behördliche Belastungen aufgestellt worden, deren genauer Wirksamkeitsbeginn unmaßgeblich ist. Das ist hier aber nicht der Fall. Denn der Beklagte hat die Entziehung des Merkzeichens „H“ nach dem Teilanerkenntnis ausdrücklich mit Wirkung ab dem 13. November 2009 verfügt. Soll die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts also umfassend sein, ist bereits der Zeitraum ab dem 13. November 2009 in den Blick zu nehmen. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung erstreckt sich demnach hier auf den Zeitraum vom 13. November 2009 bis zum 7. März 2010.
Ohne Bedeutung ist hier, dass der Beklagte die Gültigkeit des Schwerbehindertenausweises unter vorläufiger Aufnahme des Merkzeichens „H“ verlängert hat. Insbesondere folgt daraus nicht etwa, dass die Entziehung des Merkzeichens „H“ erst ab einem späteren Zeitpunkt gelten soll. Denn nach § 69 Abs. 5 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) stellen die zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis aus. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden (Satz 3). Diese Soll-Vorschrift gebietet es, dass die Behörde in der Regel den Schwerbehindertenausweis mit befristeter Gültigkeit zu erteilen hat. Von Amts wegen sind sodann wesentliche Änderungen in den gesundheitlichen Verhältnissen zu prüfen und ist darüber durch Aufhebungs- und/oder Neufeststellungsbescheide zu entscheiden. Die Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Ausweises stellt vorliegend keine Feststellungentscheidung des Beklagten dar. Der Beklagte hat insoweit keine Regelung über das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ getroffen, sondern hat lediglich die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 86a SGG beachtet. c.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig, soweit das Merkzeichen „H“ mit Wirkung ab dem 13. November 2009 entzogen worden ist. aa.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid, gegen den formelle Bedenken im Übrigen nicht bestehen, ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Wege einer gebundenen Entscheidung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Der Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X steht hier nicht entgegen, dass die Feststellungsentscheidung des Beklagten vom 28. Februar 2006 über das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkmals „H“ bei der damals 15jährigen Klägerin wohl zu Unrecht getroffen worden ist. Nach den gutachterlichen Feststellungen des Prof. Dr. Z spricht viel dafür, dass auch damals die Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ nicht vorgelegen haben. Schlüssig und nachvollziehbar stellt der Gutachter fest, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin und eine Verminderung des Pflegebedarfs seit 2006 nicht eingetreten seien. Es sei zweifelhaft, ob die Klägerin – wie der Versorgungsarzt Dr. S ausführte – soweit gefördert sei, dass ein geringerer Hilfebedarf bestehe. Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn die Klägerin kann aus Rechtsgründen sich nicht darauf berufen, dass ihr der Nachteilsausgleich schon im Jugendalter zu Unrecht zugebilligt worden ist und daher eine Entziehung nur nach § 45 SGB X, nicht aber nach § 48 SGB X in Betracht komme.
Denn § 48 SGB X ist nach gefestigter Rechtsprechung auch dann anzuwenden, wenn sich nachträglich Tatsachen ändern, auf die der Bewilligungsbescheid zu Unrecht gestützt worden ist, die also für die Behörde zu Unrecht maßgebend waren (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 1990 – 9a/9 RVs 7/89 –, juris, Rn. 17). Beruht die Entscheidung der Verwaltung auf - veröffentlichten - Maßstäben (hier: Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht von 2005
Das BSG hat eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in Fällen bejaht, in denen die AHP bei Kindern und Jugendlichen die Anerkennung des Merkzeichens „H“ bei Vorliegen besonderer Behinderungen vorsahen (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 1990 – 9a/9 RVs 7/89 – (Mukoviszidose); BSG, Urteil vom 12. November 1996 – 9 RVs 18/94 – (Diabetes mellitus) – beide bei juris) und hat eine wesentliche Änderung im Erreichen der Volljährigkeit gesehen.
Nach Überzeugung des Senats begründet auch im vorliegenden Fall das Erreichen der Volljährigkeit der Klägerin am 24. Februar 2009 eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Dabei ist es nach dem zitierten Urteil des BSG vom 12. November 1996 nicht von Bedeutung, dass der Bescheid vom 28. Februar 2006 das Alter der Klägerin als maßgeblichen Gesichtspunkt nicht ausdrücklich genannt hatte, sondern in der Begründung lediglich auf eine „Entwicklungsverzögerung (im Kindesalter)“ verweist. Denn zu den erkennbar objektiv bedeutsamen Tatsachen gehörte im vorliegenden Fall als Grundlage der (etwaig) fehlerhaften Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich „H“ auch das Lebensalter der Klägerin. Denn die AHP 2005 sahen besondere Bestimmungen für die Feststellungsvoraussetzungen des Merkzeichens „H“ bei Kindern und Jugendlichen vor, obwohl das Schwerbehindertenrecht für den steuerrechtlich bedeutsamen Nachteilsausgleich „H“ keinen besonderen Begriff der Hilflosigkeit bei Kindern kennt (BSG, Urteil vom 29. August 1990 – 9a/9 RVs 7/89 – juris).
Die AHP 2005 gaben in Teil A Nr. 22 Abs. 4 für die Feststellung des Merkzeichens „H“ bei Kindern und Jugendlichen spezielle Voraussetzungen für 19 einzeln benannte Behinderungen vor. Für die Feststellung des Merkmals „H“ wegen geistiger Behinderung – wie bei der Klägerin – bestimmte Teil A Nr. 22 Abs. 4 a) Satz 1 AHP 2005: „Bei geistiger Behinderung kommt häufig auch bei einem GdB/MdE-Grad unter 100 – und dann in der Regel bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres – Hilfslosigkeit in Betracht, insbesondere wenn das Kind wegen gestörten Verhaltens ständiger Überwachung bedarf.“ Teil A Nr. 22 Abs. 1 bestimmt als allgemeine Regel für die Feststellung des Merkzeichen „H“ bei Kindern und Jugendlichen: „Bei der Beurteilung der Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen sind nicht nur die in Nummer 21 … genannten „Verrichtungen“ zu beachten. Auch die Anleitung zu diesen „Verrichtungen“ und die Förderung der körperlichen und geistigen Entwicklung (z.B. durch Anleitung im Gebrauch der Gliedmaßen oder durch Hilfen zum Erfassen der Umwelt und zum Erlernen der Sprache) sowie die notwendige Überwachung gehören zu den Hilfeleistungen, die für die Frage der Hilflosigkeit von Bedeutung sind.“
Nach diesen Regelungen der AHP 2005 war das jugendliche Alter der Klägerin Voraussetzung für den begünstigenden Verwaltungsakt im Jahr 2006. Die Zuerkennung des Merkzeichens „H“ fußte erkennbar auf dem Entwicklungsrückstand der damals jugendlichen Klägerin und dem besonderen Hilfeaufwand bei dem Erfassen der Umwelt und dem Erlernen der Sprache. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit entfiel diese Voraussetzung. bb.
Zu Recht hat der Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ ab dem 13. September 2009 verneint. Dabei gilt hier Folgendes:
Grundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ sind § 69 Abs. 4 SGB IX in Verbindung mit § 33b Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Schwerbehinderten-Ausweisverordnung (SchwbAwV). Gemäß § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG in der seit dem 20. Dezember 2003 geltenden Fassung ist eine Person hilflos, wenn sie infolge von Gesundheitsstörungen für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (§ 33b Abs. 6 Satz 4 EStG). Eine danach berücksichtigungsfähige Bereitschaftszeit setzt zeitlich und örtlich jedoch denselben Einsatz wie körperliche Hilfe voraus (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, juris). Diese Fassung des Begriffs der Hilflosigkeit geht auf Umschreibungen zurück, die von der Rechtsprechung im Schwerbehindertenrecht bezüglich der steuerlichen Vergünstigung und im Versorgungsrecht hinsichtlich der gleich lautenden Voraussetzungen für die Pflegezulage nach § 35 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) entwickelt worden sind. Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst nicht an den Begriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI angelehnt (vgl. BSG, Urteile vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, und vom 24. November 2005 – B 9 SB 1/05 R –, beide bei juris).
Bei den gemäß § 33b Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung (vgl. § 14 Abs. 4 SGB XI) erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Diese Bereiche werden unter dem Begriff der so genannten Grundpflege zusammengefasst (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 3 SGB XI; § 37 Abs. 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)). Hinzu kommen jene Verrichtungen, die in den Bereichen der notwendigen körperlichen Bewegung, psychischen Erholung, geistigen Anregung und der Kommunikation (insbesondere Sehen, Hören, Sprechen, Fähigkeit zu Interaktionen) anfallen. Bei psychisch oder geistig Behinderten liegt Hilflosigkeit auch dann vor, wenn sie bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens zwar keiner Handreichungen bedürfen, sie diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornehmen. Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (zu Vorstehendem vgl. z.B. BSG, Urteile vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, vom 24. November 2005 – B 9a SB 1/05 R –, und vom 2. Juli 1997 – 9 RV 19/95 – alle bei juris).
Die tatbestandlich vorausgesetzte „Reihe von Verrichtungen“ kann regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen. Die Beurteilung der Erheblichkeit orientiert sich an dem Verhältnis der dem Beschädigten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtungen zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann. In der Regel wird dabei neben der Zahl der Verrichtungen auf den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen sein, wobei Maßstab für die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie der tägliche Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen ist. Gemessen an diesem Maßstab ist nicht hilflos, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist. Daraus ergibt sich jedoch nicht schon, dass bei einem Überschreiten dieser Mindestgrenze in jedem Fall Hilflosigkeit zu bejahen ist (vgl. BSG, Urteile vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R – juris). Typisierend ist vielmehr Hilflosigkeit grundsätzlich erst dann anzunehmen, wenn der tägliche Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen mindestens zwei Stunden erreicht, was dem Grundpflegeerfordernis für die Pflegestufe II der Pflegeversicherung entspricht. Da die Begriffe der Pflegebedürftigkeit (vgl. §§ 14, 15 SGB XI) und der Hilflosigkeit (vgl. § 35 BVG, § 33b EStG) nicht völlig übereinstimmen, können im vorliegenden Zusammenhang die zeitlichen Grenzwerte der sozialen Pflegeversicherung zwar nicht unmittelbar übernommen werden, sie lassen sich jedoch als gewisse Orientierungspunkte nutzen. Immerhin decken sich die von beiden Begriffen erfassten Verrichtungsbereiche insoweit, als es die sogenannte Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität) betrifft. Im Rahmen des § 33b EStG (bzw. § 35 BVG) sind zusätzlich noch der Bereich der geistigen Anregung und Kommunikation und - ebenfalls anders als grundsätzlich in der Pflegeversicherung (hierzu BSG, Urteil vom 26. November 1998 – B 3 P 13/97 R –, juris, Rn. 16) - Anleitung, Überwachung und Bereitschaft zu berücksichtigen. Da im Hinblick auf den insoweit erweiterten Maßstab bei der Prüfung von Hilflosigkeit leichter ein größerer Zeitaufwand für fremde Betreuungsleistungen erreicht wird, als im Bereich der Grundpflege bei der Pflegeversicherung, liegt es nahe, hier von einer Zwei-Stunden-Grenze auszugehen, was dem Grundpflegeerfordernis für die Pflegestufe II der Pflegeversicherung entspricht (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI, BSG, Urteil vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R – juris, Rn. 16).
Um den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr sind auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung oder die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson, zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteile vom 14. Dezember 1994 – 3 RK 14/94 –, vom 12. Februar 2003 – B 9 SB 1/02 R –, und vom 24. November 2005 – B 9 SB 1/05 R –; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. Februar 2010 – L 15 SB 124/07– alle bei juris).
Übertragen auf den hier zu beurteilenden Fall ergibt sich, dass die Klägerin im Prüfungszeitraum vom 13. November 2009 bis zum 7. März 2010 nicht hilflos im Sinne der genannten Vorschriften war. Hierzu stützt sich der Senat auf die schlüssigen, nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Feststellungen des Betreuungsbedarfs und die Berechnungen des Betreuungsumfangs durch den Sachverständigen Prof. Dr. Z sowie auf seine Feststellungen, dass sich keine Abweichungen zwischen Begutachtungszeitpunkt (26. November 2014) und Prüfungszeitraum (13. November 2009 bis zum 7. März 2010) ergeben haben. Im Einzelnen:
Die Klägerin benötigt nach dem unwidersprochenen und gutachterlich bestätigten Vortrag Betreuung bei einer Reihe von Verrichtungen. So ist eine Impulsgabe und Anleitung beim Waschen, beim Duschen, bei der Zahnpflege sowie beim An- und Auskleiden, beim Aufstehen und Zubettgehen erforderlich. Eine zeitlich aufwändigere Hilfe benötigt die Klägerin bei der Begleitung außer Haus sowie für die geistige Anregung und Kommunikation. Die Klägerin benötigt die Hilfe zudem regelmäßig und dauerhaft. Jedoch erreicht der Hilfe- und Betreuungsaufwand nach Überzeugung des Senats nicht die Grenze der Erheblichkeit. Dabei verkennt der Senat nicht den Aufwand und die Hingabe der familiären Betreuung der Klägerin. Nach den hohen gesetzlichen Anforderungen sind die Voraussetzungen für die Annahme eines erheblichen Hilfebedarfs jedoch nicht erfüllt.
Die Erheblichkeit des Hilfebedarfs ergibt sich nicht aus dem zeitlichen Aufwand.
Der tägliche Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen der Klägerin – als wesentlicher Maßstab der Erheblichkeit – beträgt nach den gutachterlichen Feststellungen des Prof. Dr. Z täglich 13 Minuten für Impulsgabe und Erledigungskontrollen sowie täglich 52,85 Minuten für eine durchgehende Anwesenheit und Hilfe einer Person bei Wegen außer Haus sowie für Hilfen bei der Kommunikation und sozialen Teilhabe. Entgegen der vom Beklagten und der Versorgungsärztin Dr. H vertretenen Ansicht ist die notwendige Begleitung der Klägerin außer Haus nicht bereits mit der Anerkennung des Merkzeichens „B“ abgedeckt. Denn die Merkzeichen „B“ und „H“ haben unterschiedliche Zielrichtungen und Auswirkungen. Das Merkzeichen „B“ soll einen Nachteil infolge der Behinderung ausgleichen, der wegen der Notwendigkeit fremder Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln entsteht. Dabei ist entscheidend, ob behinderte Menschen auf fremde Hilfe beim Ein- und Aussteigen oder während der Fahrt des Verkehrsmittels angewiesen sind. Der Nachteilsausgleich ist daher allein verkehrsbezogen. Mit dem Merkmal „H“ soll hingegen der Hilfebedarf (auch) unabhängig von der Nutzung eines Verkehrsmittels benannt werden. Die Klägerin benötigt, wie der Sachverständige schlüssig und nachvollziehbar ausführt, eine ständige Begleitung bei Wegen außer Haus sowie bei der Kommunikation und der kulturellen Teilhabe. Dieser Hilfebedarf entsteht – auch zeitlich – gänzlich unabhängig von der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.
Der Senat berücksichtigt bei seiner Entscheidung, dass der Sachverständige die Schwierigkeiten bei der wissenschaftlich korrekten Aufwandbestimmung einräumte, und hat daher die Angaben besonders sorgfältig geprüft. Nach den gutachterlichen medizinischen Feststellungen hat die Klägerin den Entwicklungstand eines 10jährigen Kindes erreicht. Diesem Entwicklungsstand entspricht nachvollziehbar ein Betreuungsaufwand in dem vom Sachverständigen festgestellten Umfang für Impulse und Erledigungskontrollen. Auch der angegebene Betreuungsaufwand für Wegehilfen, bei Kommunikation und sozialer Teilhabe entspricht nachvollziehbar dem Aufwand einer Betreuung eines 10jährigen Kindes.
Bei der Beurteilung des zeitlichen Aufwandes kann die für die Impulsgabe und Erledigungskontrolle erforderliche Bereitschaftszeit nicht berücksichtigt werden. Denn die Notwendigkeit einer dauernden Bereitschaft zur Hilfeleistung steht einer aktiven Hilfe nur gleich, wenn die Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Januar 2001 – L 7 SB 47/99 – juris, Rn. 35; BSG, Urteil vom 8. März 1995 - 9 RVs 5/94 – juris). Nach der Rechtsprechung des BSG zu § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes, dessen Voraussetzungen nach denselben Kriterien festgestellt werden wie die Voraussetzungen für das Merkzeichen „H“ (BSG, Urteil vom 12. Februar 2003 - B 9 SB 1/02 R – juris), ist Hilflosigkeit auch dann gegeben, wenn der Beschädigte wegen der besonderen Art seines Leidens in ständiger Lebensgefahr schwebt, die nur dadurch gebannt werden kann, dass fremde Hilfe jederzeit bereitsteht, um gegebenenfalls eingreifen zu können (BSG, Urteil vom 24. April 1963 - 11 RV 800/62 - juris). Ein derartiges Schweben in ständiger Lebensgefahr lag bei der Klägerin im streitentscheidenden Prüfungszeitraum ersichtlich nicht vor. Nicht deshalb ist eine ständige Bereitschaft einer Hilfsperson notwendig gewesen. Solche ist nicht vorgetragen und wurde vom Sachverständigen Prof. Dr. Z nach Prüfung verneint.
Schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erläutert der Sachverständige, dass keine medizinischen Befunde vorlägen, die nahelegten, dass sich Unterscheide im Gesundheitszustand der Klägerin seit 2006 ergeben hätten. Eine relevante Veränderung des Zustandes der Klägerin auch in der Zeit ab der Erstellung des Betreuungsgutachtens im Dezember 2008 bis zum Begutachtungstermin am 26. November 2014 könne nicht festgestellt werden. Auch durch das Erreichen der Volljährigkeit habe sie nicht in maßgeblicher Weise eine höhere Autonomie erreichen können. Nach Überzeugung des Senats bestehen daher keine Zweifel, dass der vom Sachverständigen festgestellte Betreuungsumfang dem im Prüfungszeitraum notwendigen Betreuungsbedarf entspricht.
Der danach festzustellende tägliche Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen von ca. 66 Minuten unterschreitet maßgeblich den mindestens erforderlichen Hilfebedarf von zwei Stunden (120 Minuten). Die Angaben der Klägerin sind hingegen nicht plausibel. Sie bemisst den morgendlichen Betreuungsaufwand auf 100 Minuten, gibt jedoch zugleich an, dass sie etwa 45 Minuten nach dem Aufstehen das Haus verlässt.
Selbst wenn weitere Bedarfe in die Bewertung eingestellt würden, die der Sachverständige unberücksichtigt ließ (möglicherweise die Betreuung der Klägerin während der Menstruation oder der Aufwand für die Pflege von Fuß- und Fingernägeln) oder wenn der festgestellte Umfang der erforderlichen Hilfen im Einzelnen erweitert würde, erscheint es als ausgeschlossen, dass die zeitliche Grenze für die Feststellung einer Hilfslosigkeit der Klägerin, somit ein Hilfebedarf von mindestens 120 Minuten, erreicht würde.
Die Erheblichkeit des Hilfebedarfs ergibt sich auch nicht aus weiteren Umständen.
Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung ist nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen. Es sind bei der Beurteilung der Erheblichkeit des Hilfebedarfs auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere der wirtschaftliche Wert der Leistung und die körperliche und psychische Belastung der Pflegeperson zu berücksichtigen. Bei einem täglichen Zeitaufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden ist Hilflosigkeit dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege besonders hoch ist (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 – B 9 V 3/01 R – juris).
Der Sachverständige bemisst den wirtschaftlichen Wert der Hilfeleistung als „nicht besonders hoch“. Dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen mitbestimmt, bei denen fremde Hilfe erforderlich ist. Denn eine Hilfsperson kann regelmäßig nur für zusammenhängende Zeitabschnitte, nicht jedoch für einzelne Handreichungen herangezogen bzw. beschäftigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 – B 9 V 3/01 R – juris, Rn. 26). Hier bleibt die Anzahl der erforderlichen Hilfen im Vergleich zu den Verrichtungen, bei denen keine Hilfe erforderlich ist, deutlich zurück. Ferner ergibt sich keine ungünstige Verteilung, da die Unterstützungsbedarfe in der Grundpflege im Wesentlichen auf die Morgen- und Abendstunden verteilt sind und durch zusammenhängend organisierbare Unterstützung bei Kommunikation und kultureller Teilhabe ergänzt werden. Zudem erfordert der Hilfebedarf keine spezielle medizinische Ausbildung, sondern vielmehr pädagogische Erfahrung und ist die Hinzuziehung medizinischen Gerätes nicht erforderlich. Daher ist in der Gesamtschau der Wert der Pflege nicht gemäß den Anforderungen „als besonders hoch“ einzuschätzen.
Das gefundene Ergebnis korrespondiert mit dem Umstand, dass keine Feststellung einer Pflegestufe II besteht. 4.
Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits. Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil war unberührt zu lassen, weil sie zutreffend ist. Das Teilanerkenntnis des Beklagten im Schriftsatz vom 15. Mai 2012 stellt ein verhältnismäßig geringfügiges Obsiegen dar, so dass die Bildung einer Kostenquote nicht angezeigt war.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.